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Der Überraschungseffekt macht es aus

25.06.2018

Nichts ahnend vom bevorstehenden und geplanten «Kidnapping», sassen bzw. standen die Polygrafen-Lehrlinge Inya Metzler, Silvana Karli, Manuel Bortolin und der Drucktechnologe Samuel Schmutz bis kurz vor elf Uhr an ihren Arbeitsplätzen. Dann schlugen sie gnadenlos zu, die vorgängig für die «Festnahme» der Noch-Lehrlinge bestimmten und sorgfältig ausgewählten Packer – es kommen nur Jünger Gutenbergs zu diesen grossen Ehren. Auf das Kommando «Packt an» des Gautschmeisters Thomas Boettger wurden die erfolgreichen Prüfungsabsolventen in die Mangel genommen, um ja nicht entfliehen zu können.

Als erster Gäutschling wurde die mit einem «Kälberstrick» gefesselte Silvana Karli in den Gitterkäfig verfrachtet. «Ich bin glücklich, dass wir alle die Abschlussprüfung bestanden haben; aber dann auch froh, wenn die Wassertaufe überstanden ist.»  – Am meisten «Chrampfen» mussten die Packer beim Drucktechnologen Samuel Schmutz. Letztlich hatte aber auch er keine Chance zu entkommen.– Früher war es so, dass einem erfolgreichen Flüchtigen die Zeche für die Gautschfeier bezahlt werden musste. Bald waren die vier jungen Menschen dingfest in einem Gitterkäfig – wie «Batteriehühner» – auf Rädern zum Abtransport verfrachtet. Ein beachtlicher Tross marschierte zusammen mit dem «Gefangenentransport» in Richtung Altstadt. Schauplatz der traditionellen Gautschete war der Niklaus-Thut-Brunnen. 

Der Überraschungseffekt macht es aus

Das Gautschen – Wassertaufe – geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und bedeutet, dass ein Schriftsetzer (Polygraf) oder Buchdrucker (Drucktechnologe) nach bestandener Abschlussprüfung in Form einer Art Taufzeremonie in den exklusiven Kreis der Jünger Gutenbergs aufgenommen wird. Ursprünglich wurde der Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen des Papiers «Gautschete» genannt, und so weit davon entfernt ist der Schwarzkünstlerbrauch gar nicht. – Es ist beim Gautschen vor allem der Überraschungseffekt, der zählt: So musste unter strengster Geheimhaltung dem Täufling gegenüber die Zeremonie geplant und vorbereitet werden. Die ZT-Medien-Lehrlinge wussten lediglich, dass es «in den nächsten Tagen» passieren würde. Es gehört auch zum Brauch und vor allem zur allgemeinen Belustigung, dass dem «Opfer» vor dem Ernstfall dieser immer wieder vorgetäuscht wird. Vorgängig informiert wurden die Angehörigen der Gäutschlinge. 

Gautschmeister Thomas Boettger waltete seines Amtes

Beim Niklaus-Thut-Brunnen hatte sich eine ansehnliche Zuschauerzahl eingefunden. Auf den Ruf des Gautschmeisters und Polygrafen Thomas «Tomi» Boettger «Packt an! Lasst fallen ihren Corpus posteriorum auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen. Der durstigen Seel gebt ein Sturzbad obendrauf, das ist der Töchter Gutenbergs die allerbeste Tauf» –, wurden die Gäutschlinge, einer nach dem anderen, gepackt und nach einer ersten Schwamm- und Kübeldusche mit voller Wucht und samt Kleidern und Schuhen ins Nass geworfen. – Zu einem Gautschakt gehören nebst den Gäutschlingen (auch «Kornuten» genannt) ein Gautschmeister (Thomas Boettger), Schwamm- und Wasserkübelhalter, welche die Aufgabe haben, die Täuflinge vor dem abrupten Wurf ins Nass anzunetzen, und einige kräftige Packer. 

Unter grossem Applaus der Arbeitskolleginnen und kollegen, Familienangehörigen und Zuschauern wurden die neuen Töchter und Jünger Gutenbergs aus der Taufe gehoben. Den «taufrischen Schwarzkünstlern» durfte beim einen und anderen Gläschen oder Bierchen ausgiebig gratuliert werden. Vier lehrreiche Ausbildungsjahre fanden mit dieser Zeremonie ihren würdigen und freudigen Abschluss. Nach der Wassertaufe sind Inya Metzler, Silvana Karli, Manuel Bortolin und Samuel Schmutz «Ex-Lehrlinge» und mit allen Rechten und Pflichten in den Stand der Gesellen aufgenommen.

Das ZT-Medienhaus gratuliert den neuen Gutenberg-Töchtern und -Jüngern ganz herzlich und wünscht dem munteren vierblättrigen Kleeblatt für die Zukunft alles Gute. – Brauch ist auch, dass die Berufsleute dem frisch gewaschenen Nachwuchs nach der Taufe gratulieren und ihnen das Du anbieten. Brauch ist auch, dass die frisch gekürten Berufsleute ihre Zunftkolleginnen und -kollegen zu einer zünftigen Gautschfeier einladen.